Systeme sexualisierter Gewalt: Do women have to be sexually harassed to get into the art industry?, 2025 – Gina Marie Schwenzfeier

Gina Marie Schwenzfeier knüpft in ihrem Textbeitrag an die TEXTE ZUR KUNST-Debatte Vom Private View ans Licht der Öffentlichkeit. Überlegungen zur Sichtbarmachung sexualisierter Gewalt im Kunstfeld (2023) an, um die tief verwurzelten patriarchalen Machtstrukturen im Kunstbetrieb zu analysieren. Sie untersucht anhand von Werken Andrea Frasers, Jenny Holzers und der Guerrilla Girls, wie feministisch-aktivistische Kunst sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch sichtbar macht. Der Text lotet die Schnittstellen zwischen Kunst, Gewalt und Macht aus und zeigt auf, wie zeitgenössische künstlerische Praktiken die Diskrepanz zwischen sexualisierter Gewalt als Thema und deren Realität innerhalb der Kunstinstitutionen aufdecken können.

Do women have to be sexually harassed to get into the art industry?

Nein. Dennoch stabilisieren Machtstrukturen Räume, in denen patriarchale Aneignung marginalisierter Körper nicht (entsprechend) verurteilt oder gar unsichtbar gemacht wird. Ausgangspunkt für diese Auseinandersetzung ist die am 26. Juli 2023 in TEXTE ZUR KUNST veröffentlichte Debatte Vom Private View ans Licht der Öffentlichkeit. Überlegungen zur Sichtbarmachung sexualisierter Gewalt im Kunstfeld von Sabeth Buchmann, Christina Clemm, Iris Dressler und TEXTE ZUR KUNST. In dieser werden künstlerische Werke, aktuelle Berichterstattungen und theoretische Analysen verknüpft und aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet.

Der vorliegende Aufsatz erweitert diese Perspektive, indem er die drei folgenden künstlerischen Arbeiten untersucht: Untitled (2003) von Andrea Fraser,1 Abuse of Power Comes as No Surprise (1983) von Jenny Holzer und 3 Ways to Write a Museum Wall Label when the Artist Is a Sex Predator (2018) der Guerrilla Girls. Die Werke greifen (patriarchale) Machtstrukturen und sexualisierte Gewalt in Kunstinstitutionen aus unterschiedlichen Perspektiven auf: Fraser kritisiert die Machtmechanismen des Kunstsystems, Holzer betrachtet das Thema des Machtmissbrauchs im gesellschaftlichen Kontext und die Guerrilla Girls üben eine praktische institutionsbezogene Kritik anhand eines konkreten Fallbeispiels aus und gehen damit explizit auf Machtmissbrauch in Form von sexualisierter Gewalt ein. Alle drei Werke sind institutionskritisch, Holzers Werk und das der Guerrilla Girls sind zusätzlich aktivistisch angelegt.

Im Mittelpunkt meiner Untersuchung stehen folgende Fragen: Inwiefern machen diese Arbeiten die dem Kunstbetrieb zugrunde liegenden Machtstrukturen sichtbar? Wie distanzieren sie sich von diesen und schaffen zugleich Räume der Ermächtigung? Und welche Diskrepanz besteht zwischen der Thematisierung sexualisierter Gewalt sowie der Präsenz feministischer Perspektiven in Kunstwerken und Institutionen und den realen Bedingungen innerhalb des Kunstbetriebs, denen Teilnehmende des Kunstbetriebs gegenüberstehen? Um diese Fragen zu beantworten ist eine Klärung zentraler Begriffe wie KunstbetriebMacht und Machtstrukturen im KunstbetriebSexismus und Misogynie und sexualisierte Gewalt notwendig.2 Am Ende wird daher ein glossarähnliches Kapitel zur Begriffsklärung der angeführten Begriffe, beigefügt, das bei Bedarf herangezogen werden kann. Es bleibt zu betonen, dass sexualisierte Gewalt in intersektionalen Zusammenhängen betrachtet werden muss. Sie ist kein Problem, das nur in heteronormativen, binären Verhältnissen auftritt, sondern ist eng mit Machtverhältnissen und weiteren Diskriminierungsformen wie beispielsweise Rassismus und Klassismus verflochten.3 Die Rolle kapitalistischer Strukturen in Machtungleichgewichte im Kunstbetrieb ist ebenfalls zu berücksichtigen.

Der folgende Text greift die These der TEXTE ZUR KUNST-Debatte auf, in der formuliert wird, dass die Kunst- und Kulturbranche – trotz der feministischen und kritischen Auseinandersetzung vieler Kunstwerke (mit sexualisierter Gewalt) – bereits über ihre Strukturen anfällig für Übergriffe ist.4 Dies liegt, so wird es festgehalten, unter anderem an der oft unscharfen Trennung zwischen beruflichem und privatem Kontext, der Machtkonzentration auf wenige Akteur:innen und den asymmetrischen Machtverhältnissen innerhalb der Branche sowie der starken Abhängigkeit vieler Karrieren von diesen Machtpolen.5 Ziel ist es, die Arbeitsrealitäten in dieser von (weißen) patriarchalen Machtstrukturen geprägten Branche offenzulegen und zu fragen, welche Funktion Kunstwerke, Debatten und in erster Linie die Schaffung neuer Strukturen in der Sichtbarmachung und Überwindung solcher Bedingungen einnehmen können.

„Worum geht es wirklich, um Sex oder um Macht?“6

Die TEXTE ZUR KUNST-Debatte zum Thema sexualisierter Gewalt im Kunstfeld setzt sich mit der Frage auseinander, inwiefern Machtstrukturen und institutionelle Dynamiken Sexismus und Übergriffe begünstigen. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen nach der Rolle der sexualisierten Gewalt bei der Aufrechterhaltung patriarchaler Machtverhältnisse im Kunstbetrieb, wie und warum der Kunstbetrieb daran scheitert, strukturelle Veränderungen herbeizuführen und inwiefern die spezifische Organisation des Kunstfeldes – unter anderem geprägt von Netzwerken, Veranstaltungen und Terminen, bei denen die Grenze zwischen beruflichem und privatem schnell verschwimmen – zu einer „Kultur des Schweigens“7 beiträgt.

Die Debatte verdeutlicht, dass die Probleme nicht auf individuelle Fehlverhalten beschränkt sind, sondern auf systemische Dynamiken verweisen, die tief in der Organisation des Kunstbetriebs verwurzelt sind. Die Diskussion greift dabei sowohl die gesellschaftliche Dimension als auch die spezifischen Bedingungen des Kunstfeldes auf. Dabei lassen sich unterschiedliche zentrale Punkte festhalten. Anzufangen ist mit dem Fortbestehen patriarchaler Strukturen trotz diskursiver Kritik. Während feministische Stimmen und die #MeToo-Bewegung die Diskurse im Kunstfeld geprägt haben, bleibt das Patriarchat institutionell und strukturell weitgehend unangetastet.8 Darüber hinaus ist sexualisierte Gewalt als eines der Instrumente von Machthierarchien und ihrem Erhalt zu verstehen. Sie wird nicht allein als individuelles Vergehen betrachtet, sondern als Mittel, um Macht und soziale Kontrolle auszuüben. Dabei überschreitet sie bewusst die Grenzen zwischen Einvernehmlichkeit und Nicht-Einvernehmlichkeit, um Hierarchien zu stabilisieren. Hinzu kommen Defizite im strukturellen Umgang mit Missbrauch, wie fehlende Anlaufstellen und gesetzte Maßnahmen, die in Institutionen umgesetzt werden müssen, wenn es zu Vorfällen kommt.9 Übergriffiges Verhalten setzt häufig bereits in den Kunstakademien ein und wird in späteren Umfeldern, wie Galerien oft fortgeführt.10 Denn trotz medialer Aufmerksamkeit und öffentlicher Diskussionen bleibt eine systematische Auseinandersetzung mit Missbrauchsfällen häufig aus wodurch die strukturellen Bedingungen nicht ausreichend untersuchen werden können, um sie zu dekonstruieren. Netzwerke, die den Kunstbetrieb prägen, sind nicht nur ausschlaggebend für beruflichen Erfolg, sondern werden häufig in hohem Maße diskret und privat behandelt, weshalb eine Sichtbarmachung bereits auf dieser Ebene oft nicht zustande kommt.11 Diese Verflechtungen schaffen ein „kollektives Wegsehen“12, das durch Abhängigkeiten und die Angst, eigene Positionen zu verlieren, verstärkt wird.13 Dem als zentrale Rolle hinzugerechnet werden müssen auch Institutionelle Geflechte. Letztlich bieten fehlende Strukturen für Betroffene und das daraus resultierende „Einzelkämpfer:innentum“14 eine Grundlage für eine nicht entsprechende beziehungsweise fehlende Umgangsweise. Die Debatte kritisiert eine individualisierte Herangehensweise, die kollektiven Widerstand erschwert. Auch in der Veranstaltung Talking Back 1 – #MeToo in der bildenden Kunst?!“ wurde das Phänomen des „Einzelkämpfer:innentums“ als zentrale Problematik thematisiert.15 Es mangelt ebenso an unabhängigen Ansprech- und Unterstützungsstellen, die nicht von den Machtverhältnissen des Kunstbetriebs durchdrungen sind.16

Die in der Debatte formulierte Kritik bildet eine Grundlage, um sowohl strukturelle als auch künstlerische Aspekte sexualisierter Gewalt weiter aufzuarbeiten. Um beispielsweise die strukturelle Ungleichheit im Kunstbetrieb zu verstehen, müssen die spezifischen Bedingungen des Kunstfeldes – einschließlich des Mythos des Genies und der strukturellen Ausgrenzung von Frauen und marginalisierten Personen – kritisch beleuchtet werden.17 Dabei müsste die historische Marginalisierung dieser Gruppen in Kunstinstitutionen in dieser Auseinandersetzung berücksichtigt werden. Für die Überwindungen von Machtmissbräuchen bedarf es Strukturen, die eine Überwindung oder zumindest eine systematische Umgangsweise mit beispielsweise sexualisierter Gewalt hervorbringen, um den dadurch stattfindenden Vorgang der Marginalisierung zu überwinden. Letztlich sollte eine „Kultur des Hinsehens“18 geschaffen werden, heißt es in der Debatte. Diese Schaffung einer „Kultur des Hinsehens“ ist als essenziell zu betrachten, um vorherrschende Strukturen zu überwinden. Sie erfordert nicht nur den strukturellen Wandel, sondern auch ein kollektives Bewusstsein für die Verantwortung Machtmissbrauch zu thematisieren, denn wir treten diesem nicht durch Wegsehen entgegen.

Die TEXTE ZUR KUNST-Debatte bietet für die folgende Auseinandersetzung eine erste theoretische Grundlage, um die fortwährenden Machtstrukturen im Kunstfeld nicht nur zu analysieren, sondern auch nach Wegen der Transformation zu suchen. Die Diskussion schließt mit der Forderung, nicht länger bei diskursiven Demontagen zu verweilen, sondern an den Stellschrauben struktureller Macht zu drehen.

It’s not porn. Andrea Fraser

In ihrer Arbeit Untitled (2003) kritisiert Andrea Fraser die Mechanismen des Kunstsystems und versinnbildlicht die dort vorherrschenden Machtstrukturen.19 Das Werk kann dabei als Performance von Fraser mit einem anonymen Sammler verstanden werden, die in einem New Yorker Hotelzimmer miteinander Sex haben. Den Akt hat Fraser in einem 60-minütigen, tonlosen Video für Ausstellungen greifbar macht (Abb. 1).20

Abb. 1: Andrea Fraser, Untitled, 2003, (Video still), SD-Video, in digitales Format übertragen, 60 Min. (Loop), Courtesy of the artist and Marian Goodman Gallery.

Die Aufnahme wurde von einer stationären Kamera gefilmt, die in einer der oberen Zimmerecken angebracht wurde. Die Überwachungskameraästhetik schafft es, eine möglichst neutrale Perspektive auf den körperlich-intimen Moment der beiden Personen zu werfen, ohne die Körper sexualisierend darzustellen, indem hier zusätzlich auch nur das vorhandene Licht des Zimmers genutzt wird. Auch durch die fehlende Kameraführung distanziert sich Frasers Video explizit von pornografischen Produktionen.21 Ihre Vorgehensweise bei der konzeptionellen Entwicklung wie auch dem Umgang mit dem entstandenen Video ist dabei von einem starken Selbstermächtigungsmoment geprägt, wie sie es auch selbst festhält.22 Fraser hat die Friedrich Petzen Gallery für die Suche eines Sammlers angefragt, der mit Fraser Sex vor laufender Kamera haben würde. Dieser erhielt im Anschluss das Vorrecht auf den Kauf der ersten Auflage des Videos und zahlte dafür einen festen Betrag. Wohlbemerkt handelt es sich bei dem Kauf, um den Erwerb eines Videos als Kunstwerk und wichtigerweise nicht um die Bezahlung für den Akt. In der Rezeption kam es vielfach zur Annahme von Sexarbeit beziehungsweise fiel in diesen (oft) misogynen Rezeptionen das Wort „Prostitution“23.24 Die Auflagenhöhe war auf eine Anzahl von fünf stark begrenzt und sowohl die Erstellung von Bildmaterial als auch die Ausstellung des Videos kann nur in Rückmeldung mit Andrea Fraser erfolgen und ist so von ihr abhängig. 

Während ihre Arbeit primär die Machtstrukturen im Kunstbetrieb beleuchtet, welche nicht direkt mit sexualisierter Gewalt verbunden sind, schafft die Rezeption um das Werk, sich selbst als misogynes System zu entlarven; und damit auch den Kunstbetrieb, in dem Fraser agiert. Das ist nicht nur über die „Prostitutions“-Thematik greifbar geworden. Ihr vielfach rezipiertes Werk Untitled hat auch anderweitig einige misogyne Rezeptionen erfahren. Etwa durch Jerry Saltz der im Artnet Magazine nicht nur ihren Körper in Bezug auf ihr Alter sexistisch kommentierte, sondern auch ihre sexuellen Fähigkeiten.25 Fraser musste daher des Öfteren ihre Arbeit verteidigen und daran erinnern, dass es sich nicht um Pornografie oder „Prostitution“ handelt, sondern um ein Kunstwerk, das den Akt zweier Personen zeigt, die in diesem Fall beide ein Teil des Kunstbetriebs sind.

Es bleibt festzuhalten, dass Fraser diese dem Kunstbetrieb zugrundeliegenden Machtstrukturen sichtbar macht, indem sie sich bewusst, mit sexuellen Mitteln und dabei im Kunstbetrieb agierend, aus dem Geschlechtsverkehr ein Video schafft und es sowohl – in stark begrenzter Stückzahl – auf den Kunstmarkt bringt und ebenso in die Ausstellungsräume. Sie konfrontiert damit alle (aktiven) Teilnehmer:innen des Kunstbetriebs und schafft über den Aspekt, dass es sich nicht nur um ein Video, sondern um eine Performance handelt eine Auseinandersetzung hiermit.26 Indem Fraser die entscheidungstragende Rolle in Bezug auf das Kunstwerk einnimmt, schafft sie einen selbstermächtigenden Moment: Sie distanziert sich nicht direkt von machthabenden Räumen aber arbeitet kritisch mit diesen. Die Diskrepanz zwischen den feministischen Kunstwerken und den realen Bedingungen innerhalb der Kunstbetriebe liegt, wie hier beispielhaft nachvollzogen, in der Diskrepanz zwischen Werk und der Rezeption. Während das Werk selbst Aufmerksamkeit für Machtstrukturen schafft, wird in der Rezeption der selbstermächtigende Moment der Arbeit(sbedingungen) fortgesetzt.

„We are not surprised.“27 Jenny Holzer

Abuse of Power Comes as No Surprise (1983) ist Teil von Jenny Holzers Truism-Reihe, die sie bereits 1977 im öffentlichen Raum – in leicht abgewandelter Form – plakatierte (Abb. 2). 

Abb. 2: Jenny Holzer: aus der Serie Truism (1977-79), 1977, Offset Poster, 61×45.7 cm, New York, 1977, Installation: New York, 1977 © 1977 Jenny Holzer, Mitglied der Artists Rights Society (ARS), New York, © VG Bild-Kunst, Bonn 2025, Foto: Jenny Holzer.

Dass Machtmissbrauch keine Überraschung ist, ergibt sich auch aus diversen Artikeln, die sich mit sexualisierter Gewalt im Kunstbetrieb auseinandersetzen und betonen dabei die Problematik, die ganz nach dem Prinzip läuft: Alle haben es gewusst, keine Person hat sich getraut etwas anzumerken.28 Woran das liegt, ist klar: Wenn Macht zugunsten des eigenen Vorteils missbraucht wird, wird sie sicherlich auch dazu missbraucht, um sich vor ‚Anschuldigungen‘ zu schützen. Damit wird auch verständlich, was in der TEXTE ZUR KUNST-Debatte als kollektives Wegsehen beschrieben wurde.29 Jenny Holzers Arbeit war dabei schlagwortgebend für den offenen Brief „We are not surprised.“ Von diversen Positionen aus dem Kunstbetrieb, die Erfahrung mit sexualisierter Gewalt in unterschiedlichster Form in der Kunstwelt gesammelt haben als auch für den #NotSurprised.30 Holzer arbeitet mit den Mitteln der Werbebranche. So plakatiert sie eingängige, sloganartige Aussagen im öffentlichen Raum in Form von Plakaten, Bänken, T-Shirts und weiteren öffentlichkeitswirksamen Formen und macht auf gesellschaftlich relevante Gegebenheiten aufmerksam. Als künstlerische Arbeit schafft sie so Sichtbarkeiten, die eine erweiterte Öffentlichkeit ansprechen.31 Sie sind dabei ausstellungstechnisch nicht von machthabenden Institutionen und Personen abhängig, die sich in der Regel für oder gegen eine Ausstellung entscheiden32 und bieten darüber hinaus auch einen neuen Anstoß für Ermächtigungsräume. Dies wird besonders dann sichtbar, wenn ihre Arbeiten im öffentlichen Raum in Interaktion mit Personen treten, wie 1977 in New York (Abb. 2), aber auch, wenn sie in Form eines Aufdrucks auf T-Shirts gesetzt werden, wo sonst häufig plakativ Marken genannt werden (Abb. 3).

Abb. 3: Jenny Holzer, Abuse of Power Comes As No Surprise aus der Serie Truisms T-shirts, 1980-, getragen von Lady Pink © VG Bild-Kunst, Bonn 2025, Foto: © 1983 Lisa Kahane, NYC
; https://www.tate.org.uk/art/artists/jenny-holzer-1307/5-ways-jenny-holzer-brought-art-streets; letzter Aufruf 08.03.2025.

Über das Bedrucken von Kleidungsstücken mit ihren Truism schafft Holzer damit eine optische Nähe zu der in den 1980er-Jahren gängige Praxis, Marken auf den Brustteil von Kleidungsstücken zu drucken.  Wie eben auch für den offenen Brief gilt, prangern Holzers Arbeiten auf eingängliche Weise Missstände und Unverhältnisse im Kontext von Machtstrukturen an und können so auch auf Kunstbetriebe übertragen werden, auch wenn die Anprangerungen, nicht nur für Kunstbetriebe, als repräsentative Kritik parat stehen. Ebenso wie das Werk Holzers verdeutlich auch der offene Brief wie die Diskrepanz zwischen feministischen als auch institutionskritischen Kunstwerken und der Institution selbst besteht. Nicht überrascht zu sein, wie es bei Holzer und darüber auch im Brief betont wird, verdeutlicht in diesem Kontext besonders gut, dass Strukturen wahrgenommen werden, aber nicht die Mittel existieren, um diese Strukturen tiefgreifend zu durchbrechen. Zum Schutz der eigenen Person und Karriere werden Taten des Unrechts, wie in Form von Machtmissbrauch, ignoriert. Dass dies keine Kritik an Einzelpersonen sein soll, wurde sicherlich schon deutlich. Stattdessen ist es eine Kritik am System der Macht und damit einhergehend am System sexualisierter Gewalt im Kunstbetrieb.

Handle with care. Guerrilla Girls

Auch aktivistisch angelegt, aber doch mit einem anderen Ansatz tritt die Arbeit 3 Ways to Write a Museum Wall Label when the Artist Is a Sex Predator der Guerrilla Girls von 2018 in Erscheinung (Abb. 4).

Abb. 4: Guerrilla Girls, 3 Ways to Write a Wall Label When the Artist Is a Sexual Predator, 2018, © Guerrilla Girls, courtesy guerrillagirls.com.

Sie kreiden dabei nicht nur eine konkrete Person – Chuck Close33 – an, der sexualisierte Gewalt als Form der Machtausübung beziehungsweise des -missbrauchs ausübte, sondern adressieren darüber hinaus auch direkt die Kunstinstitutionen kritisch und fordern sie auf, sich ihrer Macht bewusst zu sein. Die Guerrilla Girls schaffen mit ihrem Werk eine Anleitung mit drei aufeinander abgestuften Kategorien, entlang derer sie Museen aufzeigen, wie ein kritisches Label für Künstler:innen zu schaffen ist, um deren Macht im Kunstbetrieb transparent werden zu lassen. Zusätzlich schaffen sie mit diesen drei Beispielen auch eine Sichtbarkeit darüber, dass Institutionen in der Schuld stehen die eigenen Strukturen öffentlich und damit sichtbar zu hinterfragen und so auch zu fragen, wie und wieso gewisse Künstler:innen zu den „wichtigen Künstler:innen“ der Kunstbranche gehören. So machen die Guerrilla Girls die Machtstrukturen auf mehreren Ebenen sichtbar. Zusätzlich distanzieren sie sich, wie im Werk nachvollziehbar wird, von Institutionen, die unkritisch und unreflektiert Positionen ausstellen und letztlich ihre Erfolge betonen, ohne zu reflektieren aus welcher Position es zu diesem Erfolg kam. In diesem Werk betonen sie außerdem explizit den Genie-Mythos, der besonders bei cis-männlich gelesenen Künstlern angeführt wird und über diesen versucht wird offensichtliches Fehlverhalten (der unterschiedlichsten Formen) zu legitimieren. Wie lange dieser Genie-Mythos zurückreicht und wie viele machtbezogene Ungleichgewichte vorherrschen, verdeutlichen einmal mehr wie lange dieses strukturelle Problem existiert und wie langwierig sich damit auch ein Prozess der Veränderung entziehen kann.34 Die Guerilla Girls schaffen Aufmerksamkeit für die Macht, in denen Kunstinstitutionen zum einen als ausstellungsproduzierende Instanz erscheinen, die damit auch Wissen produzieren und weitergeben, dieser Macht der Wissensproduktion aber nicht selbstreflektiert gegenübertreten und sich dabei beispielsweise nicht fragen, welche Macht sie an Personen verteilen. 

Diese Arbeit der Guerrilla Girls reiht sich dabei in ihr institutions-, sexismus- und rassismuskritisches Gesamtwerk ein, dass sie seit 1985 über aktivistische Kunst mit einem häufig sarkastischen Unterton formen, der sich dabei stets auf Forschung und Statistiken beruft.35 Sie gehören damit zu einer Bewegung von Künstler:innen, die sich mit der Politik der Kunstbranche auseinandergesetzt hat. Fragen nach der Institutionalisierung von Kunst, dem Umgang mit dieser sowie den vorherrschenden Mechanismen waren und sind dabei zentral.36

Es bleibt damit festzuhalten, dass 3 Ways to Write a Museum Wall Label when the Artist Is a Sex Predator verdeutlicht, dass wir im Museum nicht nur die Kunstwerke selbst, sondern auch die Künstler:innen mit Vorsicht behandeln müssen. Vorsicht meint dabei nicht, über eine Vorsicht mit ihnen umzugehen, die sie heroisieren würde, sondern eine Vorsicht die Aufmerksamkeit im Umgang bedarf und sich fragt, was es bedeutet eine Person auszustellen und dieser damit Raum zuzusprechen. So sind Museen und ausstellungsschaffende Institutionen nicht neutrale Orte, die nur Kunstwerke ausstellen, sondern sie sind machtinnehabende Kunstbetriebe. Es darf hier also hervorgehoben werden, das ausgestellte Kunstwerke nicht nur losgelöst auszustellen sind,37 sondern es ebenso wichtig ist, sich mit den Personen, die über ihre Werke Ausstellungsraum übergeben bekommen, auseinanderzusetzen. Das heißt nicht, die Autonomie des Kunstwerks anzugreifen, sondern Kunst auszustellen und sich als Institution der eigenen machttragenden Rolle bewusst zu sein, und daher Kontexte zu schaffen.

#MeToo

Das Hashtag ist ambig zu betrachten. Manches zeigt er aber bestimmt und direkt. Sexualisierte Gewalt existiert, wird lange und häufig zum Schweigen gebracht und es braucht Gemeinschaft, um vorherrschende Machtstrukturen zu destabilisieren. Denn es sind keine Einzelfälle, sondern ein System in dem sexualisierte Gewalt passieren kann, weil es nicht entsprechend gehandhabt wird. Dass das Hashtag darüber hinaus zum dritten Platz der Power 100 Liste derArtReview gekürt wurde und nach monopol magazin zu „den Mächtigsten der Kunst“38 gehört, ist spannend. So handelt es sich bei der Bewegung doch um eine, die aufgrund von verübtem Machtmissbrauch durch die Betroffenen damit erst einmal durch die nicht machtinnehabende Instanz entstanden ist. Zum einen verdeutlicht dies einmal mehr, dass das Auflehnen gegen Machtstrukturen Gemeinschaft braucht, um Macht zu gewinnen, aber zum anderen zeigt es auch etwas anderes: machtkritische Themen, werden in Institutionen akzeptiert, gedisplayed und dabei auch instrumentalisiert. Das Ankreiden von Personen aus den eigenen Reihen findet aber nicht statt, Personen werden geschützt, die anderen keinen Schutz bieten, sondern im Gegenteil: Sie werden zum Grund, wieso Personen mehr Schutz(räume) brauchen. Wie die herangeführten Artikel zum Thema sexualisierter Gewalt im Kunstbetrieb und Machtmissbrauch im Allgemeinen dargelegt haben: Mit fehlenden Methoden werden bestehende Systeme nicht umgedacht. Dennoch schließe ich meinen Aufsatz mit der gleichen Antwort auf die Frage: Do women have to be sexually harassed to get into the art industry?, mit der er beginnt – bei einem einzigen Wort, das rechtlich ausreicht, um die Grenze gegen sexuellen Missbrauch zu ziehen, in der Realität jedoch oft ignoriert, übergangen oder aus Angst nicht ausgesprochen wird: Nein.39

Abbildung 6: Guerrilla Girls, Do Women Have To Be Naked To Get Into The Met. Museum?, 1989, © Guerrilla Girls, courtesy guerrillagirls.com.

Zwischen Kunstbetrieb und sexualisierter Gewalt – Begriffsklärung

Kunstbetriebe: Der Begriff „Kunstbetrieb“ bezeichnet das Geflecht aus sozialen, ökonomischen und kulturellen Interaktionen das die Produktion, Distribution und Rezeption von Kunst organisiert.40 Er fungiert als „Resonanzraum“ und „Anerkennungszone“, ist jedoch stark von kapitalistischen und patriarchalen Machtstrukturen geprägt, die geschlechtsspezifische Hierarchien und Ausschlüsse reproduzieren.41
Diese Strukturen sind zu kritisieren, da sie Relevanz und Bedeutung über Macht beispielsweise in Form von Kapital produzieren und aus historischer Perspektive so nicht neutral arbeiten.42 Eine radikale Neuausrichtung, die marginalisierte Stimmen sichtbar macht und alternative Formen der Teilhabe ermöglicht, kann hier eine Gegenstimme eröffnen und den Blick auf die Kriterien richten, die darüber entscheiden, wer Zugang zur Anerkennung erhält. Der Kunstbetrieb wird so nicht nur als Ort der Reproduktion gesellschaftlicher Machtverhältnisse, sondern auch als potenzieller Raum für Widerstand und Transformation sichtbar. Praktiken, die hegemoniale Narrative infrage stellen und neue Formen des Zusammenwirkens schaffen, tragen dazu bei, bestehende Hierarchien aufzubrechen und progressive, kulturelle Veränderungen zu fördern.43

Macht und Machtstrukturen im Kunstbetrieb: Die Verbindung von Macht und Bedeutung ist zentral für das Verständnis des Kunstbetriebs. Wie bei Whitney Chadwick nach Lisa Tickner argumentiert wurde, sind die Produktion von Bedeutung und die Ausübung von Macht untrennbar miteinander verwoben.44 Macht kann also nicht als einseitig ausgeübte Dominanz verstanden werden, sondern als ein komplexes Netz von Beziehungen und Dynamiken, das innerhalb von Institutionen, Diskursen und gesellschaftlichen Strukturen wirkt. Michel Foucaults Konzept der Macht als eine diffuse Struktur, die nicht primär durch physischen Zwang, sondern durch Wissen, Diskurse und institutionelle Praktiken ausgeübt wird, bietet dabei eine Perspektive in die visuelle Kultur als regulierende Praxis.45 Diese ermöglicht es, den Kunstbetrieb nicht nur als Raum der künstlerischen Produktion, sondern auch als Arena der symbolischen und sozialen Aushandlungen zu verstehen. Feministische Theorien, wie jene von bell hooks, betonen, dass die Transformation repressiver Machtstrukturen eine zentrale Voraussetzung für progressive kulturelle Veränderungen ist.46 Machtkritische Ansätze stellen dabei die radikale Ablehnung von Herrschaft in den Fokus, wobei sie hegemoniale Normen von Geschlecht und Sexualität dekonstruieren.Im Kunstbetrieb zeigen sich Machtstrukturen besonders in geschlechtsspezifischen und intersektionalen Ungleichheiten. Geschlechterverhältnisse sind hier nach wie vor häufig asymmetrisch und spiegeln soziale Hierarchien sowie symbolische Gewalt wider, wie Pierre Bourdieu sie beschreibt.47 Seine Analysen verdeutlichen, dass diese symbolische Gewalt in kulturellen Praktiken und Normen verankert ist, die oft unbewusst reproduziert werden.48 So wird der Mythos des männlichen Genies weiterhin aufrechterhalten, was die Sichtbarkeit und Wertschätzung von Künstlerinnen und nicht-binären Kunstschaffenden erheblich beeinträchtigt.49 Der Kunstbetrieb fungiert somit als Ort, an dem Geschlechterordnungen sowohl reproduziert aber auch infrage gestellt werden können, dabei aber von Machtstrukturen geprägt ist, die zur Infragestellung zumeist aufgebrochen werden müssen.

Sexismus und Misogynie: Sexismus ist eine Art der Diskriminierung, die die patriarchale Ordnung aufrechterhält, indem Personen beispielsweise aufgrund ihres bei der Geburt zugeschrieben Geschlechts spezifische Eigenschaften und soziale Rollen zugeteilt werden.50 Diese Zuschreibungen versuchen die binäre und hierarchische Konstruktion von Geschlecht zu legitimieren. Diese statische Vorstellung von Geschlecht ist jedoch zu kritisieren, da dies eine soziale Konstruktion von Geschlecht darstellt, die sowohl diskriminierend als auch einschränkend in Erscheinung tritt. Misogynie bezeichnet die gezielte Feindseligkeit und Abwertung von Frauen*.51 Diese zeigt sich in individuellen Handlungen wie Belästigungen, aber auch in strukturellen Formen wie dem Gender Pay Gap oder der Unterrepräsentation von Frauen* und weiteren marginalisierten Personen in Führungspositionen.52 Während Sexismus nicht geschlechtlich eingegrenzt ist, so kann auch die Aufrechterhaltung von Männlichkeitsnormen unter Sexismus fallen, ist Misogynie spezifisch auf die Unterdrückung und Abwertung von Frauen* gerichtet.53 Dieses Verständnis kann erweitert werden, indem Sexismus mit anderen Kategorien wie Klassismus, Rassismus und anderen Formen der Diskriminierung in den Blick genommen wird.

Sexualisierte Gewalt: Sexualisierte Gewalt überschreitet bewusst die Grenzen von Einvernehmlichkeit, um Machtstrukturen zu festigen und Hierarchien zu stabilisieren.54 Sexualisierte Gewalt ist nicht nur als individuelles Vergehen zu verstehen, sondern als strukturelles Problem, das tief in patriarchalen und heteronormativen Gesellschaftsordnungen verwurzelt ist und auf vielfältigen machtgeprägten Strukturen aufbaut. Im Kunstbetrieb manifestiert sich sexualisierte Gewalt sowohl auf individueller als auch auf institutioneller Ebene. Die Mechanismen reichen von der Instrumentalisierung von Abhängigkeiten – etwa durch prekäre Arbeitsverhältnisse – bis hin zur systematischen Marginalisierung von Betroffenen.


Biografie

GINA MARIE SCHWENZFEIER schließt ihr Masterstudium in Kunstgeschichte der Moderne und Gegenwart im Jahr 2025 ab. Ihr beruflicher und wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt auf gesellschaftlich ausgerichteten Kunstprojekten mit partizipativem Ansatz sowie auf Formen institutioneller und außerinstitutioneller Ausstellungspraxis. Zu ihren Forschungsinteressen zählen künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum, feministische und aktivistische Kunst sowie die kritische Auseinandersetzung mit Arbeit und sozialen Strukturen im Kontext der Kunst.

(Un)Wissentlich ins/m Dunkle/n ‚tappen‘ – Das Display im Musée du quai Branly, 2024 – Gina Marie Schwenzfeier

Das Musée du quai Branly (MQB) legt durch die Inszenierung außereuropäischer Kulturgüter zu Kunstwerken, den präsentierten Artefakten einen eurozentrischen Kunstbegriff auf. In Form der gewählten Displays sollte der außereuropäischen Kulturgutproduktion und -tradition eine entsprechende Anerkennung entgegengebracht werden. Stattdessen findet sich in dieser Geste – nicht zuletzt wegen der dunkel-mystifizierend erscheinenden Displaywahl, welche hier vollzogen wurde – ein besonderer Verweis auf die Machtstrukturen wieder, die die erlernte Hierarchie zwischen Kulturgut und Kunstwerk verdeutlichen und so mehr über die Sprechenden aussagen als über das Gesprochene. Gina Marie Schwenzfeier setzt sich in ihrem Aufsatz mit dem Display des MQB auseinander, um daran die erlernten Strukturen hervorzuheben, die sich nach den Gründern des MQB von einem kolonialgeprägten Verständnis distanzieren sollten, diese allerdings (neo-)kolonial aufladen und daher kritisch zu hinterfragen sind.

Abb. 1: Musée du quai Branly, das Museumsgebäude, September 2015, Luftaufnahme des Musée du quai Branly mit dem Eiffelturm im Vordergrund und der Pont de l’Alma im Hintergrund.
Abbildungsnachweis: ©musée du quai Branly – Jacques Chirac, photo Philippe Guignard.

Ein neutraler Name sollte gepaart mit einem neutralen Ort den Kulturgütern aus ethnologischen Sammlungen die Möglichkeit bieten, ungestört zu Kunstwerken inszeniert zu werden – mit dieser Idee wurde das Musée du quai Branly (MQB) im Juni 2006 eröffnet (Abb. 1).48 Durch den Rückgriff des MQB auf ethnologische Bestände mehrerer musealer Sammlungen, die sich im MQB in einem Museum wiederfinden, das sich ausdrücklich nicht als ethnologisches Museum bezeichnen möchte, kommt es dazu, dass die Geschichten der Ausstellungstücke sowohl in den Hintergrund als auch – ihrer musealen Inszenierung im MQB adäquat – wortwörtlich ins Dunkle treten. Gemäß dem Selbstverständnis des Museums wird dabei ein ‚Dialog zwischen den Kulturen‘ ins Zentrum gerückt, der einer kritischen Betrachtung bedarf, die James Clifford bereits 2007 angeregt hat.52

Der Versuch, außereuropäischen Kulturgütern eine neue Betrachtungsweise entgegenzubringen, wie es im MQB vollzogen wurde, verdeutlicht, dass der westliche Blick geprägt von Machtstrukturen ist, die auf ein Wissen zurückgreifen, das nicht wie es in diesen Strukturen vielfach angenommen wird, universelle Gültigkeit besitzt, sondern einer einseitigen Perspektive entstammt, die nach wie vor keine Rücksicht auf parallel existierendes Wissen nimmt, besonders nicht das Wissen kolonialisierter Gruppen. All das ist erlernt doch bleibt weitestgehend unhinterfragt. Dies wird auch im ‚Dialogischen‘ deutlich, das hier einen eurozentrisch geprägten Blick auf und ein Reden über ‚die Anderen‘ wiedergibt. Dabei verfällt das Dialogische, da in der Folge von (De)Platzierungen in einem Ausstellungsraum westlich geprägter Museen gerade diejenigen Kontinente zusammengebracht werden, die von diesen pseudo-dialogischen, kolonialen Strukturen unterdrückt wurden und in denen sich ihre Kulturgüter auch heute noch wiederfinden. Mit diesem (neo-)kolonialen, gleichwie generalisierenden Blick auf die außereuropäischen Kontinente und Kulturgüter wird eine westlich-eurozentrische Deutungshoheit weitergeführt. Ebendiese manifestiert sich im Display eines der meistbesuchten Museen in Frankreich, ohne dass die dabei entstehende Mystifizierung von Kulturgütern im regulären Ausstellungsbereich hinterfragt wird.53 An dieser Stelle ist es daher lohnend mit dem Konzept des Unlearnings an diese Displaysituation heranzutreten und den nonverbalen Aussagen, die damit getroffen werden.55 Neben dem Display kommt es zusätzlich über vielfältige Werbemittel zu der damit kommunizierten Aufforderung im MQB auf ‚Entdeckungstour‘ zu gehen.56 Diese Aufforderung stützt die Annahme der Weiterführung eines (neo-)kolonialen Deutungsregimes, das ebenso unter Berücksichtigung von Unlearning näher beleuchtet werden soll (Abb. 2).

Abb. 2: Ausstellungsansicht Dauerausstellung Musée du quai Branly. Abbildungsnachweis: ©musée du quai Branly – Jacques Chirac, photo Alexandra Lebon.

Zum (Kunst)Objekt gemacht

Die sich im MQB manifestierenden (neo-)kolonialen Ansätze außereuropäische Kulturgüter unter besonderer Berücksichtigung ihres künstlerischen Werts zu präsentieren, ist in Bezug auf die Institution des MQB kritisch zu hinterfragen.57 Nadine Pippel hebt Chiracs Rede zur Eröffnung des Pavillon des Sessions58 hervor, in der er formuliert, dass eine neue Beziehung von Ästhetik und Ethnologie, im Unterschied zu anderen ethnologischen Museen, innerhalb des MQB über das museale Display stattfinden soll.59 So sollen die für die Kulturgüter relevanten Kontexte im MQB eher in den digitalen Raum verschoben werden, um ‚die Atmosphäre der wertvollen Objekte‘ als Kunst nicht zu stören.60 Auch James Clifford geht auf diese inszenierte Situation ein, wenn er die Displaysituation als einen ‚magischen Ort‘ kritisiert.61

Hervorzuheben ist in der Argumentation Chiracs, dass die im MQB ausgestellten Kulturgüter als Kunstwerke zu behandeln seien, was einen eurozentrischen Kunstbegriff betont. Dieser dominiert die Ausstellung, gleichwohl man sich bewusst vom westlichen White Cube als modus operandi des Ausstellungsraumes distanziert. Einhergehend damit wird über die Grundsätze des MQB suggeriert, dass sich diese Ausstellungsweise von einer nicht-westlichen Perspektive abgrenzt. Nora Sternfeld formuliert dies wie folgt: „Die Präsentation der Sammlungen beschränkt sich auf den Kunstwert der Objekte, die als ‚arts premiers‘ gekennzeichnet sind und hält bewusst den Tausch- und Gebrauchswert weitgehend aus dem Wahrnehmungszusammenhang heraus.“62 Betont werden muss, dass vermittels dieses kuratorischen Umgangs mit den Kulturgütern ihre ursprünglichen Bedeutungen verkannt, transformiert oder ignoriert werden können. Mit Blick auf die Displaysituation: Die Besuchenden des MQB tappen hinsichtlich der Semantiken der ausgestellten Kulturgüter im Dunkeln.

Das eurozentrische Verständnis von ‚Spiritualität‘, das über das kuratorische Konzept auf die Ausstellungsstücke damit zusätzlich projiziert wird, darf angesichts der Entscheidung für das dort zu sehende Display nicht unerwähnt bleiben. Es reflektiert sich ferner in Jean Nouvels – der Architekt des MQB – kritisch zu beleuchtender Idee architektonisch evozierter Assoziationen zum Spirituellen:

„Everything is done to stimulate the blossoming of emotions aroused by the primary object, […] everything is done to protect it from light and to capture that rare ray of sun needed to set vibration in motion, to speak of a feeling of spirituality. It is a place marked by symbols.“63

Insbesondere auf den szenografischen Aspekt bezogen, kritisieren zahlreiche Ethnolog:innen, die durch eine betonte Ästhetisierung der Objekte resultierende Marginalisierung des (historischen) Kontexts der Kulturgüter im MQB (Abb. 3). Um dieser Kritik entgegenzuwirken, lassen sich die zentralen Konzepte des MQB, die Chirac und Nouvel verbanden, in einem Satz zusammenfassen, den der französische Präsident bei der Eröffnung des Museums am 20. Juni 2006 äußerte: „[F]ar removed from the stereotypes of the savage or primitive the museum sees to communicate the eminent value of these different cultures“.64

Abb. 3: Ausstellungsansicht “Zone Afrique”. Abbildungsnachweis: ©musée du quai Branly, photo Cyril Zannettacci.

Zwischen Display und Storytelling

Um die Hauptausstellungsfläche des MQB zu erreichen, werden Besuchende eine spiralförmige Rampe hinauf geleitet, die sich um ein alle Etagen umfassendes Glas-Silo windet und sich die Videoinstallation The River den Weg bahnt.  Das Silo, bestückt mit rund 9.500 außereuropäischen Instrumenten, wird dabei mit stark gedimmtem Licht inszeniert. Diese konservatorische Entscheidung führt dabei zu einem Ausbleiben eines ethnologischen Mehrwerts, der sich im MQB vielfach dem ‚ästhetischen Anspruch‘ der Ausstellungssituation beugt. The River ist eine 160 Meter lange Lichtprojektion, die Text auf den begehbaren Museumsboden projiziert. Durch die unumgängliche Situation dieses lichtprojizierten Text-Flusses, wird diesem eine zentrale Bedeutung zugesprochen: „The aim of the work is to prepare the viewer to enter the collection, to create a state of reverie consistent with the architecture and the dream-like experience of the Permanent Collection space“,65 so wird das Verständnis der Arbeit durch den Künstler, Charles Sandison, und das Museum benannt. The River ist eine selbstreflexive Arbeit und damit inhaltlich im starken Kontrast zur restlichen Ausstellungsfläche zu verstehen, die durch ihre Situierung unmittelbar vor der Hauptausstellungsfläche als unumgängliches Element in Erscheinung tritt.66 Ferner verdeutlicht die Arbeit implizit die kritische Displaysituation im Hauptausstellungsbereich, wenn hierüber besonders der starke Kontrast in der Lichtregie wahrnehmbar wird (Abb. 4). So beschreibt Herman Lebovics sie im Rahmen eines Besuchs wie folgt:

„Tunnels usually end in blessed light. On emerging from this one, we were plunged into the yet darker world of the exhibition plateau. Music with a strong drum beat was playing faintly. I heard it almost subliminally. I did not recognize it, but was the kind I associate with Tarzan movies. The music and ‚primitive’ objects vaguely visible from the distance in the obscurity of the hall made me think – and, as I read in the reviews afterward, made others think – of Joseph Conrad’s story of African savagery.“67

Abb. 4: Ausstellungsansicht. Abbildungsnachweis: ©musée du quai Branly, photo Alexandra Lebon.

Die einstige, zumeist hell ausgeleuchtete Situation findet ihren abrupten Abbruch beim Betreten des durch und durch dunklen Hauptausstellungsraumes. Um es mit den Worten des New York Times Autoren Michael Kimmelmans zu benennen: „[D]evised as a spooky jungle, red and black and murky, the objects in it chosen and arranged with hardly any discernible logic.“68 Beim Verlassen der Lichtinstallation wird die zuvor einsetzende Schlängelung des Weges über eine niedrige Mauer im Hauptausstellungsraum fortgesetzt, die mit Braille-Schrift sowie Bildschirmen ausgestattet ist. Farbgebend ist dabei besonders das hellbraune Formleder, die Mauerverkleidung. Diese Mauer stieß auf besonders viel Kritik. So wurde sie nicht nur aufgrund ihrer Freizeit- und Themenpark-Assoziationen weckenden Ästhetik diskutiert, worüber ihr jeder wissenschaftliche Charakter abgesprochen wurde. Darüber hinaus erinnere sie, so Emmanuel de Roux, an eine der zentralsten Sammelexpeditionen des Musée de l’Homme.69 Die vielfältige Kritik bezog sich überdies auf die Distanz zwischen Informationen, die sich auf der Mauer wiederfinden, und den Gegenständen, die damit kontextualisiert werden sollten.70 Jene Argumentationen, die diese Präsentationsform präferieren, verfahren auf einer rein visuell-ästhetischen Ebene, die nicht weniger relevant wird, wenn sie an einem Ort auftritt, der sich gerade als ein solcher mit hohen ästhetischen Ansprüchen definiert.

Der Großteil der hier ausgestellten Kulturgüter oder Objekte wird in Vitrinen präsentiert, die einer reduzierten Formgebung folgen. Dabei werden sie zumeist mit Spot-Lights beleuchtet (Abb. 5).

Abb. 5: Ausstellungsansicht „Zone Afrique“. Abbildungsnachweis: ©musée du quai Branly, photo Cyril Zannettacci.

Scheinwerfer und die generelle Lichtregie leuchten den Raum dabei dramatisch aus. Den roten Faden des Ausstellungsrundgangs bildet konsequent das diffuse Licht das die Ausstellungsstücke inszeniert. Noch intensiver als in der großen Halle findet sich diese Inszenierung in einzelnen, kammerartigen Seitenräumen wieder, die größtenteils nahezu vollkommen dunkel sind, da die dort befindlichen Spots mit einem noch niedrigeren Lichtwert eingestellt sind, als es in der Haupthalle der Fall ist. Christopher Dickey beschreibt diese Räume als „von innen verdunkelte Hütten“ (Abb. 6).71

Abb. 6: Musée du quai Branly. Das Plateau der Sammlungen, Bereich Ozeanien, Dezember 2014, Vitrine OC 087, (OC087) Vorgestellte Objekte: 70.2001.27*Vitrine OC 088, (OC088). Abbildungsnachweis: ©musée du quai Branly – Jacques Chirac, photo Cyril Zannettacci.

Seitens des MQB wird hinsichtlich dieser Inszenierung kommuniziert, dass die Ausstellungsstücke als Kunstobjekte betrachtet werden sollen, weshalb es auch zu dieser über die Lichtregie evozierten Displaysituation kam, in der gleichsam die ethnologischen Informationen in den Hintergrund oder eben in den nicht mit Licht ausgeleuchteten Bereich rücken. Ein großes Problem, das die Displaysituation erzeugt, ist, dass sie einer primär passiven Betrachtungsweise Vorrang gibt, die sich einer Auseinandersetzung mit den einzelnen Kulturgütern entziehen kann. So werden außereuropäische Kulturgüter zum ‚Genussmittel‘ in diesem Fall, die Erwartungen eines eurozentrischen Blickes erfüllenden neuen Museums für eine ethnologische Sammlung. Besonders kritisch ist dies vor dem Hintergrund zu reflektieren, da hier – so in Chiracs Eröffnungsrede kommuniziert, aber auch bis heute von Seiten des Museums – ein ‚Dialog der Kulturen‘ stattfinden soll.72 Vor allem Chirac bezieht sich in seiner Rede mitunter auf die kulturelle Vielfalt, die über diese museale Inszenierung demonstriert werden soll – eine Idee, die jedoch von ihrer letztlichen Umsetzung und der entsprechenden Wirkung unabdingbar zu unterscheiden ist. 

Vielfalt bezieht sich auf vielfältige Sichtweisen. Das MQB nimmt in seiner Dauerausstellung allerdings nur eine Sichtweise ein, und zwar eine eurozentrische. Es lässt sich damit ein gelenkter eurozentrischer Blick wahrnehmen. Clifford hinterfragt dieses von Chirac formulierte Anliegen: „‘Là ou dialoguent les cultures’: the motto begs all the important questions. Cultures don’t converse: people do, and their exchanges are conditioned by particular contact-histories, relations of power, individual reciprocities, modes of travel, access, and understanding.“73

Vom Glauben des eigenen Wissens

„Unlearning one’s privileges as one’s loss“.74 Gayatri Chakravorty Spivak, verdeutlicht über das Unlearning besonders, inwieweit von der Einflussnahme hierarchischer Strukturen in Bezug auf Wissenskonzepte gesprochen werden kann. Damit ist zu betonen, dass das Gesagte oft mehr über den:die Sprecher:in aussagt, also über die Person(engruppe) von der das Gesagte handelt.75 María do Mar Castro Varela verweist in (Un-)Wissen. Verlernen als komplexer Lernprozess dabei besonders auf die einerseits existierende Handlungsmacht der einen Partei sowie die andererseits sehr stark eingeschränkte Handlungsmacht der ihr entgegenstehenden Partei.76 Zusätzlich betont sie in ihrer Auseinandersetzung mit Spivak, dass die Gewalt von Lernprozessen sichtbar gemacht werden muss oder zumindest ein Bewusstsein über diese Gewalt zu existieren hat.77 Besonders der Glaube Chiracs, die Kulturgüter durch ihre Benennung als Kunstwerke ‚aufzuwerten‘, verdeutlicht inwieweit das Bewusstsein darüber fehlt. Ein großer Widerspruch, der sich in einer solchen Annäherung an Kulturgüter als Kunstobjekte herausbildet, liegt in der eurozentrischen Betrachtung nicht-europäischer Kulturgüter. Die aus einer westlichen Perspektive entwickelte Idee hatte vielleicht zum Ziel koloniale Verständnisse zu überwinden, die Umsetzung jedoch zur Folge, dass die Auseinandersetzung mit diesen Ausstellungsstücken auf einer anderen, diesen nicht gerecht werdenden Ebene vollzogen wird und eine Loslösung vom kolonialen Blick nur schwerfällig vonstatten geht. Dabei wird einem außereuropäischen Kulturgut nicht nur sein eigentlicher Wert abgesprochen beziehungsweise als zweitrangig degradiert, sondern auch der eurozentrische Blick erneut als überlegen erhoben, indem der Kunstwerkcharakter als etwas für das Kulturgut Positives benannt wird. Damit wird sich jedoch nicht von einem kolonialen Blick distanziert, sondern dieser (neo-)kolonial aufgelegt. Während das MQB seine Besuchenden dementsprechend zum ästhetischen Konsum von Kulturgütern verpflichtet, indem das visuell Erfahrbare in dieser Ausstellung in Form des stark aufgeladenen Displays unumgänglich wird, ermöglicht dieses so vielfach besuchte Museum ihnen wiederum kaum, sich kritisch mit ihnen auseinanderzusetzen, da die Displaysituation die Informationsbeschaffung als zweitrangig inszeniert und diese dabei nur schwerfällig zugänglich macht. Vielfach wurde auch aufgrund des räumlichen Nicht-Vertreten-Seins Europas, dieses als museal präsentierte ‚Ordnungsmacht der Welt‘ verstanden. Wiederholt wird dadurch hervorgehoben, inwieweit das räumliche Fehlen Europas auf den eurozentrischen Blick des MQB hindeutet. Die Dichotomie vom ‚Eigenen‘ und ‚Fremden‘ verdeutlicht sich.78

Ausblick

Es konnte festgehalten werden, dass das MQB durch die Displaysituation, die bereits im Außenraum beginnt, koloniale Blickstrukturen reproduziert. Daran anknüpfend werden auch Visualisierungsformen aufgegriffen, die als (neo-)kolonial verhandelt werden können. Kritisch zu hinterfragen ist dabei das vorzufindende Äquivalent, dass „Ästhetisierung auch Entkontextualiserung [bedeutet]“.79 Das MQB verdeutlicht die Strukturen der französischen kolonialen Gewaltgeschichte nicht, sondern verschleiert diese hinter der Kulisse des Displays. Damit geht das MQB nicht das von Chirac angestrebte Ziel der repräsentierten Vielfalt der Kulturen in ihrer Komplexität nach, dass einem respektvollen Blick auf ebendiese entspringen sollte. Es zeigt sich damit auch, dass ein Bewusstsein über diese vorherrschenden Machtstrukturen fehlt. Die Umsetzung weist dabei Fehlschlüsse auf, die sich zwar einer anderen Herangehensweise sich Kulturgütern zu widmen öffnen, diese jedoch zu ähnlichen Ergebnissen führt, wie zu kolonialen und kolonial geprägten Zeiten, auch wenn man diese doch eigentlich überwinden wollte. Die erlernte Qualitätsbestimmung eines Kunstobjekts aus einem eurozentrischen Blickpunkt, welche hier zum Tragen kommt, verdeutlicht, das nicht-Wissen über diese erlernten Strukturen, und der Glaube, ein Kulturgut bedarf das Siegel des Kunstwerks, um einer Ausstellung würdig zu werden.
Im MQB findet sich keine Überwindung kolonialer Blickführungen und Machtstrukturen wieder, sondern eine Inszenierung die den eurozentrischen Blick als den ‚einzig wahren‘ und letztlich ‚alles bestimmenden‘ hervorbringt. Damit begibt man sich einmal mehr in (neo-)koloniale Verhältnisse hinein. Dies bleibt im MQB unkritisch hinterfragt. Bestimmte Displaysituationen treffen immer bestimmte Aussagen – Aussagen, die beeinflussen, wie etwas gesehen wird, beziehungsweise gesehen werden soll: Die Atmosphäre, die im MQB durch die beschriebene Displaysituation entsteht, wird dabei zu einer Form des Storytellings.
Die Inszenierung von Kulturgütern als Kunstwerke löst diese Problematik nicht und kann damit auch nicht den Anspruch erheben, den Kulturgütern einen entsprechenden Platz im MQB zu bieten. Die ästhetisierende Transformation von Kulturgütern zu Kunstwerken stellt sich, so scheint es, zumindest über das Display vielmehr in den Weg, als dass es eine Ablösung des kolonialen Blicks ermöglicht. Damit bleibt auch die Inszenierung und das Display des MQB eine klassische Form des Exotismus.80 So bezeichnet Clifford das MQB mit seiner Architektur als neoprimitiv.81
Morrisons Statement verdeutlicht, dass das MQB letztlich nur etwas über den eurozentrischen Blick auf die im Museum ausgestellten, nicht-europäischen Kulturen und Kulturgüter aussagt. Besonders in der Auseinandersetzung mit dem Musée du Quai Branly bleibt dementsprechend mit Morrisons Worten zu sagen: „The subject of the dream is the dreamer“.82


Biografie

Seit dem Wintersemester 2022/23 studiert GINA MARIE SCHWENZFEIER im Master Kunstgeschichte der Moderne und Gegenwart an der Ruhr-Universität Bochum, wo sie zuvor einen Zwei-Fach-Bachelor in Kunstgeschichte und Archäologische Wissenschaften absolvierte, den sie mit der Arbeit MOTHERHOOD | MOTHERING | MOOTHERR. Eine exemplarische Analyse heterogener Darstellungen von Mutterschaft in der westlichen Gegenwartskunst am Beispiel Laure Prouvosts Installation MOOTHERR (2021) abschloss. Ihr theoretisches wie praktisches Interessensfeld liegt besonders in der sich aufbrechenden Grenze von Kunstvermittlung und Ausstellungspraxis und die Möglichkeiten, die sich durch diese Entwicklung ergeben. Neben dem Studium ist sie als Wissenschaftliche Hilfskraft bei Situation Kunst (für Max Imdahl) und dem Museum unter Tage, wie auch dem SFB 1567 Virtuelle Lebenswelten angestellt. Darüber hinaus ist sie in der Organisation sowie der Vermittlung verschiedener Projekte beteiligt, die sich entlang des musealen Kontexts orientieren. Hierzu gehören das Projekt RuhrKunstUrban – Museum findet Stadt der RuhrKunstMuseen (2020-2022) und das seit 2024 laufende Nachfolgeprojekt RuhrKunstbewegt. Über studentische Initiativprojekte setzt sie sich immer wieder mit neuen Medien und Methoden der Kunstvermittlung auseinander; zuletzt im Rahmen des appbasierten Projektes KUNST TOUR RUB.