Two-Backed Beast ist ein mentales Modell, das Sex als übergeordnete Struktur untersucht. Dabei wird Sex ontologisch als ein Ort verstanden, an dem ein fundamentaler Mangel in symbolischen Strukturen wie Sprache und Kultur als konstitutive Essenz hervorgebracht wird. Ein Versuch, Objekte zu erschaffen, die an kritischen Kommoditäten bedient, die historischen sowie kunsthistorischen Konnotationen des kollektiven Gedächtnisses auf ein Maximum reduzieren und durch präzise Konzeption quasi ikonografisch gelesen werden können. Das Kunstwerk soll kein statisches Objekt sein, sondern eine Bewegung zwischen Idee, Materie und Kontext darstellen.




after Rodin, 2025
Inspiriert von der Notwendigkeit, die Roland Barthes im Vorwort zu Fragmente einer Sprache der Liebe1 artikuliert, versucht das mentale Modell der Extra-Potenzialität, sich im Two-Backed Beast auf diesen Diskurs der Liebe zu fundieren: „Wenn ein Diskurs, durch seine eigene Kraft, derart in die Abdrift des Unzeitgemäßen gerät und über jede Herdengeselligkeit hinausgetrieben wird, bleibt ihm nichts anderes mehr, als der, wenn auch winzige, Raum einer Bejahung zu sein.“ Der Einsame und Unzeitgemäße – doch bleibt er vielleicht gerade deshalb ein Ort der radikalsten aller Bejahungen.









fothcoming in brass, 2024
Two-Backed Beast ist ein konzeptuelles Modell, das der künstlerischen Praxis übergeordnet ist und nicht auf die bloße Produktion von Artefakten reduziert wird, sondern eine darüber hinausgehende Dimension zu eröffnen versucht – die desDenkens als primäre Praxis.
Diese lässt Objekte nur aus einer absoluten Notwendigkeit entstehen: jener, der Praxis ein Kontinuum zu gewährleisten. Als fortwährender Akt des Scheiterns und der Neukonzeption. In ihrer Materialität – indem die Objekte sich kritischer Kommoditäten bedienen und historische sowie kunsthistorische, komplexe Konnotationen des kollektiven Gedächtnisses auf ein Maximum reduzieren – fungieren sie zugleich als Ausgangspunkt einer Objekt–Subjekt-Beziehung, die einen diskursiven Raum erbringt. In permanenter Transformation und daher auch in Selbstnegation begriffen, werden sie wie Sprache gebraucht (wie Sprache in der Philosophie oder der Poesie): als Artikulation, nicht Ausdruck. Sie werden wie Ikonen geschrieben und nicht gemalt, aber anstatt einer sakralen erzeugen sie dadurch eine profane Kraft.





Fotos: © Sebastian Eggler
Liebe und Sex werden hier als ontologisch grundlegende, potentere, erkenntnistheoretische Fundamente verstanden – als Orte, an denen ein fundamentaler Mangel durch Lücken in symbolischen Strukturen wie Sprache und Kultur aufgedeckt wird. Eine Differenz, die konstitutiv für das Subjektsein ist. Es ist das Unsichtbare, nicht als Sichtbares, sondern als die Existenz dessen, was nicht vorhanden ist. Das Heterogene im starken Sinne – das Treffen mit dem radikal Anderen.2
Während das Begehren bei Lacan durch einen strukturellen Mangel konstituiert wird – einen in das Subjekt eingeschriebenen, durch symbolische Ordnung erzeugten Verlust –, behauptet Two-Backed Beast, dass das Begehren nicht im Moment des Mangels, sondern im Moment der Extra-Potenzialität entsteht: einer anderen geistigen Wirklichkeit, die im Materiellen nicht zu erfüllen ist. Die sich aufgrund ihrer Unübersetzbarkeit dem bloßen Ausdruck als Idee entzieht. Sobald sie dennoch versucht, sich aus Not zu artikulieren, verfällt sie in ein Paradox, mit einem Mangel oder einem Überschuss, das sich nur in der Wiederholung seiner Bewegung als Unsichtbares – das was es ist – manifestieren kann.
Biografie
PAULA MATHEIS ist bildende Künstlerin und Theoretikerin. Obwohl ihr akademischer Hintergrund in der Kunst liegt und sie ihr Studium an der UdK Berlin im Sommer abschließen wird, hat sich ihre Praxis zunehmend in eine theoretische Richtung verlagert. In diesem Zusammenhang begann sie in ihrem letzten Studienjahr am Institut für Kunstwissenschaft und Ästhetik zu arbeiten. Ihr Fokus liegt auf den Schnittstellen von Repräsentation, Wahrnehmung und Denken, wobei sie einen offenen, interdisziplinären Ansatz zwischen Kunst, Philosophie und Theorie verfolgt. Seit etwa zwei Jahren entwickelt sie ihre Arbeit auf der Grundlage einer Auseinandersetzung mit philosophischen, psychoanalytischen und semiotischen Texten aus den Bereichen Ontologie, Ideologiekritik und Literaturtheorie. Dabei entsteht ein mentales Modell, das als übergeordnete Struktur für ihre Arbeiten, Schriften und Installationen dient.