#7 Editorial

Issue #7 Dark

Die aktuelle Ausgabe von frame[less] widmet sich dem universellen Phänomen der Dunkelheit, das tief in die menschliche Psyche und Kultur eingebettet ist. Dunkelheit kann zunächst einmal sehr simpel als die Abwesenheit von Licht verstanden werden. Diese Definition und die damit einhergehende Gegenüberstellen von hell und dunkel wirf jedoch auch viele metaphorische Bedeutungen hervor. Während Helligkeit und Licht oftmals mit positiven Gefühlen assoziiert werden, gehen mit der Vorstellung von Dunkelheit oftmals düstere, melancholische und negativ behaftete Assoziationen einher. Diese Konzepte, die mit der Vorstellung von Dunkelheit einhergehen, werden seit Jahrhunderten künstlerisch erkundet.

Besonders deutlich in Szene gesetzt wird dieser Kontrast bei barocken Stillleben. Dort trifft die maximale Schwärze des Hintergrundes auf die hell erleuchteten, naturalistisch dargestellten Gegenstände im Vordergrund. Eine bedeutungsvoll aufgeladene Komposition, die sowohl auf religiöse Zusammenhänge verweist als auch auf die irdischen Gegensätze des Lebens zwischen Licht und Dunkel, Gut und Böse aber auch Leben und Tod.

Die Unabbildbarkeit des Todes führt innerhalb künstlerischer Darstellungen zur Substituierung dessen durch dunkle Farbtöne oder zur Darstellung als Personifikationen in Form düsterer Gestalten und Fabelwesen. Die Dunkelheit birgt damit sowohl Faszination als auch Schrecken – für manche mehr als für andere. Sie ist die Nacht, die uns verunsichert, in der wir uns verlieren können, aber auch der Raum, in dem wir uns selbst finden. Das Dunkle kann Schutz bieten, Räume ermöglichen, die im Tageslicht den gesellschaftlichen Konventionen nicht standhalten würden.

Eindringliche Text und Bild-Arbeiten veranschaulichen aber auch die beklemmende Realität, in der Frauen* kontinuierlich der Gefahr vor sexuellen und verbalen Übergriffen im nächtlichen öffentlichen Raum ausgesetzt sind und stellen die drängende Frage nach dem Wegsehen, Weghören und Wegwischen als Schutzmechanismus vor dem Abgrund menschlichen Verhaltens.

In dieser Ausgabe werden unter anderem die oft unsichtbaren, aber äußerst bedeutenden Prozesse beleuchtet, wie sie beispielsweise bei der Entstehung und Weiterführung von Archiven stattfinden. Rassistische und diskriminierende Mechanismen werden aufgedeckt, die historische Dokumentationen und die damit verbundene Geschichtsschreibung beeinflussen und Karikaturen und Fotografien zur Kolonialgeschichte in deutschen Schulbüchern untersucht. 

Doch werfen wir auch einen Blick auf die künstlerische Bedeutung von Licht und Dunkelheit und ihre Rolle zur Erzeugung von einzigartigen visuellen und atmosphärischen Effekten.Es wird deutlich, dass Dunkelheit, als sowohl bedrohliches als auch kathartisches Element eingesetzt wird, als Leerstelle und Endpunkt oder in Verbindung mit Licht als Ausgang für sich formende Prozesse fungiert. Dabei zeigt sich auch, dass das Dunkle nicht nur als Symbol für alles Düstere, sondern als Ausdruck von Eleganz, Klarheit und Ruhe betrachtet werden und zu Selbstreflexion anregen kann. 

Issue #7 von frame[less] widmet sich den Auseinandersetzungen mit dem Thema in Form von wissenschaftlichen Textarbeiten und künstlerischen Beiträgen, die verschiedene Facetten und Interpretationen von Dunkelheit beleuchten.