Zustimmung – Julia Scheuermann

Inhaltswarnung: Der folgende Text enthält sexualisierte Gewalt.

Nicht jedes erste Mal ist schön. Nicht jedes erste Mal ist gut. Manche erste Male sind alles andere als das. Spätestens seit #MeToo wird es nicht mehr tabuisiert über sexualisierte Gewalt und sexualisierten Missbrauch zu sprechen. Doch ist es unheimlich schwer. Schwer die richtigen Worte zu finden und schwer diese zu verdauen. Julia Scheuermann thematisiert sexualisierte Gewalt in Form von Lyrik, was zunächst sehr ungewohnt erscheint, doch sie schafft einen Spagat zwischen Subtilem und wortgewaltigen Bildern, die tief unter die Haut gehen.

Große Hände, lange Finger
Bohren sich in schmale Hüften.
Deine raue pinke Zunge
Wird im dunklen immer länger
Bewegt sich schwer in meinem Mund,
Taipan, Kobra, Natter?
Infamie erfüllt die Lunge
Er trieft vor Gift, dein Höllenschlund
von dunklem Rauch und kaltem Gin
Wend‘ mich an verlorne‘ Götter
Wimmere leise: ,,Du tust mir weh.“
Suche nach nicht vorhandnem Sinn
Die Realität ertränkt,
gesprungen vom Schiff dieser Odyssee.
Hatte ich das laut gesagt?
Laut genug
LAUT GENUG
Dein Stöhnen,
das passt nicht zu meinem
Eine irrsinnige Kombination,
Melodien sind nicht zu erschließen,
Klangvolle Lust an klagendem Weinen,
keine Sinfonie.
Doch für dich
klingt sie ideal
du scheinst sie zu genießen
Eine Koryphäe zu sein
Das ist nicht dein erstes Mal.

Du fragst nicht.
Du nimmst dir.

So tut man das im Leben nun mal.
Zumindest hat man dir das gesagt,
nicht wahr?
Für dich ist es nicht radikal,
nicht wahr?
Also nimmst du ihn dir
meinen Körper
und steckst deine Flagge in meine Haut.
Dir ist das brennen egal
Hörst nicht meine Wörter
Hast mich bis jetzt nicht mal angeschaut.
Die Tränen sind Teil des verdrehten Fetischs
Das hast du auch so in Pornos gesehen,
da heulen die Schlampen doch immer.
Das ist für dich nichts Falsches.
Also heule ich auch.
Das Gewicht deines Beckens unermesslich brutal,
erdrückt den Widerspruch im Keim
Ich schließe die Augen.
Das ist nicht dein erstes Mal.

Du fragst nicht.
Du nimmst dir.

Dann gebe ich auf, schließe sie ab.
Die Tür meiner Wahrnehmung ist zugenagelt.
Ich schweife im Nichts und lasse es zu.

Bedecke in Gedanken mit Blumen mein Grab.
Lege mich auf kalter Erde zur Ruh.
Ich habe einfach beschlossen, tot zu sein.
Nur noch ein paar Minuten
Bis du auf mir zusammenbrichst
und ich überlege
Wie ich es schaffe
Nicht zu brechen.
Du siehst nicht mich,
nur mein Material
Das hier ist nicht dein erstes Mal.
Aber meines.


Biografie

Julia Scheuermann

Julia Scheuermann studiert Politikwissenschaften und Philosophie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Momentan setzt die selbsterklärte Feministin sich mit der gesellschaftlich geprägten Binarität der Geschlechter auseinander. Lyrik bildet ihren Zufluchtsort, wenn die Härte der Realität sie mal wieder mit aller Wucht trifft.

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